Gleiwitz für Arme

oder Wie man einen Bündnisfall ohne Beweise bastelt

Vor ein paar Tagen hieß es: Russische Drohnen seien in Polen eingedrungen und abgeschossen worden. Prompt stand das Wort „Bündnisfall“ im Raum. Wer den Krieg ausweiten will, hat damit ein nützliches Narrativ. Aber taugen die gezeigten Bilder als Beleg?

Die ikonische „Drohne auf dem Schuppendach“ wirkt eher arrangiert als gestürzt: kein sichtbarer Einschlag, kein Bruch am Well­dach, kein eingedrückter Rumpf, dafür Panzertape an der Zelle. So kommen die nicht ab Werk, so etwas klebt man nicht vor dem Einsatz. Jeden Hobbypiloten wäre es peinlich, sein Flugzeug so zu flicken. Wurde die Nase also schon mal geöffnet? Von wem und zu welchem Zweck?

Ein Aufsetzen auf einem von überhängenden Bäumen umsäumten Daches ist fliegerisch nahezu ausgeschlossen; ein echter Crash hinterließe unübersehbare Spuren. Ich fliege selbst Fixed-Wing-Drohnen – und kenne das Schadbild. Die gezeigte Gerbera Drone besteht aus Schaumstoff und Sperrholz (Wikipedia), ist also nicht robuster oder weniger bruchfreudig als eine Fixed Wing-Hobbydrone – dafür aber schwerer.. Kurz: Die Szene erklärt sich einfacher durch Ablage denn als Aufprall.

(Foto: ZDF, heute – richtig was zu sehen!)

Auch die übrigen Pressefotos überzeugen nicht: kniende Kamerahöhe statt Draufsicht, enge Ausschnitte ohne Lagebezug, kein einziges Trümmerfeld, nirgends eine Nase im Boden, nirgends ein konsistenter Spurenverlauf. Auffällig ist nur, was fehlt: Überblicksbilder, Maßstäbe, Seriennummern, EXIF-Transparenz.

(Foto: Pempel / Reuters)

Gleichzeitig kursieren Fotos abgedeckter Dächer – ohne Explosionsspuren. Dass 15–20 kg leichte Drohnen mit weicher Außenhaut ganze Dächer abdecken, widerspricht der Physik des Aufschlags. Belege dafür? Fehlanzeige.
Sturmschaden wäre die naheliegendere Erklärung. (Inzwischen

wird vermutet, daß es eine von einer F16 abgeschossenen Luftabwehrrakete war – eine Aim120 AMRAAM, (Stand 2021 1.19 Millionen USD Stückpreis).

Ungeklärt blieb auch die Frage, wie eine Drone mit einer maximalen Reichweite von 700 Kilometern von Russland aus erst rund 700 km über ukrainisches Territorium fliegt, um dann gleich noch mal 300 km tief in polnisches Territorium einzudringen.
Wohingegen Weissrussland Polen sogar kontaktierte, um auf ihre verirrten Dronen hinzuweisen. Das kann dann immer noch Absicht gewesen sein — aber es paßt nich gut ins Narrativ von der „russischen Kriegshandlung“ gegen Polen (Kallas).


Es geht um Beweislast. Wenn an einer Frage Krieg und Frieden hängen, dann braucht es forensische Mindeststandards: Establishing-Shots, Spurendokumentation, Skalen, IDs, konsistente Metadaten. Würde ein einzelnes, schlechtes Foto von „etwas Brennendem“ für Pearl Harbor gereicht haben? Wohl kaum.

Fazit: Wer Bündnisfälle ausrufen will, soll erst liefern: überprüfbare Bilder, vollständige Spurenketten, unabhängige Begutachtung. Bis dahin bleibt der Verdacht: Die Indizien legen sich zu bereitwillig selbst hin.


Schadbild-Checkliste

  • Establishing-Shot: Totale mit Umfeld, Einflugrichtung, Endlage.
  • Spurenkette: Einschlagpunkt, Schleifspur, Trümmerfächer dokumentiert?
  • Energieabtrag: Eingedrückte Nase/Flügelvorderkanten, abgerissene Bauteile?
  • Untergrund: Bodenverletzung, Dachbruch, Splitter/Staub?
  • Skalierung: Maßstab im Bild (Meterstab, Person) vorhanden?
  • Identität: Serien-/Bauteilnummern, konsistente Beschriftungen?
  • Metadaten: Unveränderte EXIFs, Zeit/Ort plausibel?
  • Perspektive: Draufsichten vorhanden, nicht nur Kniehöhe?
  • Plausibilität: Bäume, Leitungen, Hindernisse vs. behauptete Flugbahn?
  • Alternativerklärung: Sturm/Transport/„Ablage“ plausibler als Crash?



P.S.

Eine Frage an die beteiligten Fotografen hätte ich noch:
Was seid ihr denn für ambitionslose Praktikanten?
Nichtssagende kleine Ausschnitte, ungünstige Perspektiven – kein Profi würde so arbeiten, er will ja, dass auf seinen Bildern etwas zu sehen ist. Mit stichhaltigen Bildern wäre vielleicht ein Pulitzerpreis drin gewesen, aber Ihr hattet keinerlei Ehrgeiz – seid nicht mal bis vor zum Absperrband gegangen. Und die beteiligten forensischen Fotografen sind scheinbar noch alle in der Ausbildung.


Nachtrag:

Laut Reuters reichten die europäischen Reaktionen auf Trumps Umgang mit dem Vorfall „von Bestürzung bis Verwirrung und Unbehagen“.
Bei der vorgelegten Evidenz sollte Trumps Reaktion eigentlich niemanden überraschen.